Infoportal Integration

Auf den folgenden Seiten hat der Landesverband Soziokultur Sachsen e.V. Themen zur Flüchtlingsarbeit zusammengestellt, die allen Engagierten helfen sollen, in die Flüchtlingsarbeit einzusteigen. Primär soll dies eine kleine Hilfestellung sein, eine koordinierte Flüchtlingsarbeit in soziokulturellen Zentren, Familienzentren, Mehrgenerationenhäusern oder generell Vereinen aufzubauen. Darüber hinaus stehen diese Tipps natürlich auch allen interessierten Bürgern zur Verfügung, die sich ehrenamtlich engagieren wollen.

Ehrenamt neuKultur Freizeit neuKinder Jugend neuAlltagsbegleitung neu

Sprache neuTrauma neuSachspenden neuKontakte neu

Wir danken an dieser Stelle allen Organisationen, die Broschüren, Links, Ratgeber und vieles Mehr entwickelt haben. Wir haben von Köln bis Kiel, von Freiburg bis Freiberg regionale und überregionale, bundesweite und lokale Informationen zur Flüchtlingsarbeit gewälzt und durch eigene Erfahrungen und Beratungen mit BAMF, Flüchtlingsrat und Co ergänzt. Mit bestem Wissen und Gewissen wurden diese Informationen zusammengestellt.

info-zettel      Sehr gern nehmen wir Ihre Ergänzungen, generellen Hinweise und konstruktive Kritik auf. 
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oder rufen Sie uns an unter: 0351 - 802 17 64
 

Was heißt Flüchtlingsarbeit?

Flüchtlingsarbeit meint die meist ehrenamtliche Arbeit mit Flüchtlingen. Die Bürger der Aufnahmegesellschaft erkennen die Not geflüchteter Menschen an und helfen im Sinne einer humanitären Verantwortung und Solidarität. Dabei ist die Hilfe sehr vielfältig. Sie reicht von Spenden bis zu ehrenamtlich geführten Sprachkursen, Sprachtandems, Patenschaften, Begleiten von Flüchtlingen in der neuen Umgebung, gemeinsamen Freizeitbeschäftigungen vom Fußballturnier bis zum Nähen. Flüchtlingsarbeit heißt aber auch, das Gespräch zu suchen, sich anzufreunden und anzunehmen, kennen zu lernen und zu unterstützen.

Neben den staatlichen Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) ist die Flüchtlingsarbeit aber nicht ohne die Bürgerschaft zu denken. Die Bürger können über verschiedene Maßnahmen den Kontakt zur Aufnahmegesellschaft herstellen und vor allem durch seelisch emotionale Zuwendung Menschen nach der Flucht zur Seite stehen.

Ein weiterer großer Wert der Flüchtlingsarbeit ist die Wirkung in die Aufnahmegesellschaft selbst. Unwissen und Vorurteile prägen viele Debatten um Flüchtlinge, schüren Ängste und fördern Aggressivität. Aufklärung, Wissen und vor allem Begegnungen, helfen Vorurteile abzubauen und stärken auch immer die interkulturelle Kompetenz der helfenden Bürger der Aufnahmegesellschaft.

Tipp:
Wenn Ihnen "das Anfangen" mit Angeboten für Flüchtlinge schwer fällt, dann bietet es sich an, nach Kooperationspartnern vor Ort zu suchen. Gibt es aktive Vereine und Initiativen in der Nähe, dann können diese von ihren Erfahrungen berichten, Sie zu Beginn begleiten oder einfach nur Mut machen.
Für die erste Zeit in Deutschland existieren de facto keine bzw. nur wenige Angebote der aktiven Lebens- und Freizeitgestaltung, die Flüchtlinge nutzen können und die sie kennen. Die Zeit der Ungewissheit und des Wartens können Sie durch Ihre Initiative überbrücken. Es hilft den Menschen allemal, etwas anderes als das Flüchtlingsheim zu sehen und Kontakte aufzubauen.

 

Flüchtlinge - wer ist gemeint?

Flüchtlinge

Das sind viele Menschen, die weltweit ihr Land verlassen haben/ verlassen mussten oder innerhalb ihres Landes als "Binnenflüchtlinge" aus ihren Wohnorten und Herkunftsgebieten vertrieben worden sind. Vertriebene, Kriegsflüchtlinge, Überlebende, Katastrophenopfer, Schutzsuchende, politische Flüchtlinge, Armutsflüchtlinge....

Dabei gibt es nicht "den" Flüchtling. Sie sind so unterschiedlich wie alle Menschen. Sie teilen die Fluchterfahrung oder Erlebnisse aus ihrer Heimat. Unter ihnen sind Bauern und Akademiker, Frauen und Männer, Muslime und Christen. Versuchen Sie deshalb darauf zu achten,  Flüchtlinge nicht als Stereotype wahrzunehmen, sondern als Menschen aus einem anderen Kulturkreis mit anderen Erfahrungen und einer anderen Sprache, die ansonsten die gleichen Bedürfnisse haben wie Sie selbst.

Allein für die sich in Deutschland aufhaltenden Flüchtlinge gibt es diverse Begriffe, die auch Hinweise auf ihren rechtlichen Status geben. Wer ist gemeint?

  

  

Asylsuchende/Asylbewerber

sind Menschen, die durch verschiedene Länder oder auf dem Luftweg nach Deutschland geflohen sind, und hier einen Antrag auf Anerkennung als ausländischer Flüchtling - einen Asylantrag - gestellt haben. Sie befinden sich noch im Asylverfahren, d.h. es wurde noch keine endgültige Entscheidung über ihren Antrag gefällt. Falls sie mit einem Pass eingereist sind, befindet sich dieser in der Regel beim Ausländeramt oder Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge. Sie haben nur ein Aufenthaltspapier als Ersatz, das "Aufenthaltsgestattung" heißt.

 

  

Asylberechtigte im Sinne unseres Grundgesetzes

sind Menschen, die das Asylverfahren individuell mit Erfolg durchlaufen haben, und nicht – zumindest nicht nachweisbar – durch andere EU-Länder oder sichere Drittländer nach Deutschland gekommen, sondern auf direktem Weg hier eingereist sind. Sie erhalten eine Aufenthaltserlaubnis (befristete Aufenthaltsgenehmigung) nach § 25 Abs. 1 AufenthG. Asyl-anerkannte Flüchtlinge nach der Genfer Flüchtlingskonvention sind Menschen, die das Asylverfahren individuell mit Erfolg durchlaufen haben, zwar teilweise über Drittländer eingereist sind, aber dorthin nicht zurück überstellt werden konnten. Sie erhalten eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25, Abs. 2 AufenthG. Beide Gruppen haben in der Regel einen deutschen Pass (blau), ausgestellt nach den Regelungen der Genfer Flüchtlingskonvention (http://www.unhcr.de/mandat/genfer-fluechtlingskonvention.html). Nach mindestens drei Jahren Aufenthaltserlaubnis - bei Fortbestehen der Gründe für die Asyl-Anerkennung – können sie eine Niederlassungserlaubnis (unbefristete Aufenthaltsgenehmigung) erhalten.

  

  

Flüchtlinge mit Aufenthalt aus weiteren humanitären Gründen

sind Menschen, die darüber hinaus wegen allgemeiner Gefahr für Leib und Leben oder wegen spezieller persönlicher Härtegründe nicht in ihr Herkunftsland zurück geschickt oder abgeschoben werden können und die deshalb eine Aufenthaltserlaubnis nach unterschiedlichen Paragraphen des Aufenthaltsgesetzes erhalten. Darunter fallen auch Flüchtlinge aus Kriegsgebieten. Sie haben in der Regel ihren Nationalpass oder ein deutsches Passersatz-Dokument und eine Aufenthaltserlaubnis oder Duldung (= Aussetzung der Abschiebung).

  

  

Geduldete Flüchtlinge

können aber auch solche Flüchtlinge sein, deren Abschiebung aus individuellen gesundheitlichen Gründen zurück gestellt wird oder die zunächst nicht abgeschoben werden können, weil ihre Pässe nicht organisiert werden können (z.B. weil für die zuständigen Botschaften ihre Nationalität/ Herkunft unklar ist oder weil die Betroffenen ihrer Mitwirkung nicht ausreichend nachkommen können – meist wegen stark belastender traumatischer Erfahrungen).

  

  

Kontingentflüchtlinge

sind Flüchtlinge, die im Rahmen internationaler Vereinbarungen nach Deutschland als "Kontingent" (festgelegte Anzahl und / oder weiter festgelegte Merkmale von Flüchtlingen) übernommen werden und hier – zumindest vorübergehend – eine Aufenthaltserlaubnis erhalten. Sie haben einen ähnlichen Status wie die asyl-anerkannten Flüchtlinge.

  

  

Hinweis: 
Der ebenfalls in Deutschland für Flüchtlinge verwendete Begriff „Asylanten“ ist rechtlich unscharf und ist erst eingeführt worden, als es zunehmende Ressentiments gegenüber Flüchtlingen gab. Der Begriff ist deshalb diskriminierend und sollte nicht verwendet werden.

 

  

Wichtig zu wissen:

Die Art des Passes und der Aufenthaltsgenehmigung (nach welchem Gesetz und nach welchem Paragraphen?) entscheidet oft sehr weitreichend über weitere Rechte und Integrationsmöglichkeiten von Flüchtlingen in Deutschland. Nicht immer sind die Gründe für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis oder einer Duldung "trennscharf", so dass es sich lohnen könnte, genauer herauszufinden, ob nach Ausstellung einer Duldung der Aufenthaltsstatus unter bestimmten Bedingungen doch verbessert werden könnte (langer Aufenthalt, gute Integrationsperspektive, Arbeitsaufnahme, Klärung der Staatsangehörigkeit etc.).

Anerkennung? Flüchtlinge im Asylverfahren?

Der Asylantrag

Wer in Deutschland als Flüchtling "anerkannt" werden oder Schutz erhalten möchte, stellt in der Regel einen "Asylantrag". Flüchtlinge können aber auch einen "Antrag auf Abschiebeschutz" bei der für sie örtlich zuständigen Ausländerbehörde stellen, das schließt eine "Anerkennung" als Flüchtling aber aus.

Der Antrag soll unmittelbar nach Grenzübertritt gestellt werden. Neu ankommende Flüchtlinge werden von der Polizei oder der örtlichen Ausländerbehörde an eine "Zentrale Ausländerbehörde (ZAB)" weiter geleitet.

Der Asylsuchende wird registriert: Fingerabdrücke, die Aufnahme der Personalien und die Abgabe von Pass und weiteren Dokumenten zur Identifizierung sind obligatorisch. Sehr wichtig: Es wird auch überprüft, ob der Flüchtling möglicherweise bereits in einem anderen europäischen Land registriert wurde (Eurodac-Abfrage). Sobald ein Asylantrag gestellt wurde, ist in der Regel das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) für die Prüfung dieses Antrages zuständig. Außenstellen dieser dem Innenministerium unterstellten Behörde befinden sich häufig in den Erstaufnahmeeinrichtungen. 

   

 

Anhörungstermin beim BAMF

Das BAMF setzt unmittelbar nach der Asylantragstellung einen "Anhörungstermin" fest. Die Anhörung beinhaltet Fragen zu den Personalien, den Fluchtgründen und dem Fluchtweg. Im Rahmen der Anhörung ist es sehr wichtig, dass der Flüchtling möglichst umfassend und detailliert alle Umstände erläutert, weshalb er aus dem Herkunftsland fliehen musste, ggf. nicht in einem Drittland bleiben konnte und weshalb keine Rückkehrmöglichkeit besteht. Auch ist es hilfreich, Zeugen oder Beweismittel zu benennen. Das Interview wird mit Hilfe von Dolmetschern durchgeführt und protokolliert, der Antragsteller (oder der von ihm beauftragte Rechtsanwalt) erhält später eine Kopie des Interviews. Es ist möglich, dass der Rechtsanwalt oder eine andere Vertrauensperson bei der Anhörung zugegen ist. Bezüglich der Vertrauensperson entscheidet aber letztendlich der anhörende Beamte. Auf eine persönliche Anhörung wird nur bei Personen unter 16 Jahren sowie in wenigen anderen Ausnahmefällen verzichtet. Nach Registrierung des Asylantrags erhält der Flüchtling dann die "Aufenthaltsgestattung", ein Papier, das neben den Personalien das Datum und Aktenzeichen des Asylantrages und eine Wohnsitzauflage (Residenzpflicht) enthält. 

   

  

Entscheidung über den Asylantrag

Eine schriftliche Entscheidung über den Asylantrag wird innerhalb von drei bis zwölf Monaten vom BAMF gefällt. Die Bearbeitungszeiten sind schwankend. Der Bescheid kann die Feststellung einer "Anerkennung" enthalten (z.B. weil aufgrund politischer Überzeugungen Verfolgungsmaßnahmen drohen oder ein Abschiebungsverbot wegen der Gefahr von Folter oder Todesstrafe oder einer anderen erheblichen Gefährdung für das Leben des Betroffenen ausgesprochen wird). Wenn die Rechtskraft des Bescheides eingetreten ist, wendet sich der Flüchtling in diesen Fällen wegen Ausstellung der Aufenthaltsgenehmigung an die Ausländerbehörde. Wenn der Asylvortrag aus diversen Gründen nicht überzeugt hat oder bereits in einem anderen europäischen Land ein Asylverfahren eingeleitet wurde, wird der Asylantrag abgelehnt. Hierfür gibt es mehrere Varianten: Eine Ablehnung als "offensichtlich unbegründet", als "unbegründet" oder als "unbeachtlich". In jedem dieser Fälle sollte umgehend eine Beratungsstelle oder ein sachkundiger Rechtsanwalt aufgesucht werden, um Fristen für eine Klage und einen gegebenenfalls erforderlichen "Antrag auf aufschiebende Wirkung der Klage" (Eilantrag) zu wahren. Das Klageverfahren gegen die Ablehnung des Asylantrages wird beim zuständigen Verwaltungsgericht durchgeführt. Das Asylverfahren kann unter Umständen mehrere Jahre andauern, je nachdem welche juristischen Schritte eingeleitet werden und wie lange sich die Bearbeitungszeiten beim BAMF und den Gerichten erstrecken. 

  

 

Antrag auf Abschiebeschutz

Der bloße "Antrag auf Abschiebeschutz" wird in der Regel gestellt, wenn das Asylverfahren als wenig aussichtsreich betrachtet wird, aber dennoch Schutz gesucht wird. Hier entscheidet zunächst allein das Ausländeramt über den Antrag. Aber auch hier sind weitere rechtliche Schritte möglich und gegebenenfalls angezeigt. Auch hier gilt im Einzelfall: Schnelle Reaktionen sind erforderlich! Im Unterschied zu den zugewiesenen Asylbewerbern sprechen einige Behörden bei den Schutzsuchenden ohne Asylantragstellung von "unerlaubt Eingereisten" oder "Flüchtlingen im ungeregelten Verfahren", wobei zumindest der erste Begriff irreführend ist, da es – bis auf die Kontingentflüchtlinge – keine erlaubt eingereisten Flüchtlinge gibt.

 

  

Wichtig zu wissen:

Das Asylverfahren, schon die erste Anhörung, ist für den Flüchtling von entscheidender Bedeutung. Es ist unbedingt ratsam, dass der Flüchtling vor dem Anhörungstermin eine Flüchtlingsberatungsstelle oder einen auf Asylrecht spezialisierten Rechtsanwalt aufsucht, um sich vorher fachlich beraten zu lassen und möglichst keine wichtigen Details auszusparen. Da die Interviews schon mal "zweigeteilt" zu unterschiedlichen Zeiten stattfinden können (erster Termin primär Fragen zum Fluchtweg, dann zweiter Termin für weitere Fragen zur Begründung des Asylantrags) ist es möglich, dass Sie als Ehrenamtlicher diesen Hinweis noch geben können. Zum Asylverfahren gibt es Informationsblätter in verschiedenen Sprachen, die eine erste Orientierung bieten, z.B. auf den Seiten vom Informationsverbund Asyl und Integration.

Sehr wichtig und ernst zu nehmen sind auch alle Fristen, die genannt werden. Der Flüchtling selbst muss alle amtlichen Papiere im Rahmen des Verfahrens schnell verstehen können, damit es ihm möglich ist, termingerechte Erwiderungen, Anträge und sehr begründete Klagen zu sorgen.

 

Spezielles Sozialrecht für Flüchtlinge: Das Asylbewerberleistungsgesetz

Versorgungsleistungen

Flüchtlinge, die einen Asylantrag gestellt oder eine Duldung erhalten haben und bedürftig sind, erhalten Sozialleistungen nach dem "Asylbewerberleistungsgesetz" (AsylbLG).

Je nach Kommune werden Sozialleistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz als "Sachleistungen" ausgezahlt. Flüchtlinge erhalten dann z.B. nur einen kleinen Barbetrag als Taschengeld und zusätzlich fertig zusammengestellte Lebensmittelpakete, Sammelverpflegung in der Unterkunft oder Gutscheine, die nur in bestimmten Läden eingelöst werden können. Das wird von Flüchtlingen, Geschäften und Unterstützern oft als "diskriminierend" erlebt und schränkt die Möglichkeit einer Rest-Selbstständigkeit durch selbstbestimmte Organisation eines Alltags mit Einkaufen, Kochen etc. erheblich ein.

    

  

Gesundheitliche Leistungen

Besonders gravierend sind auch die nach wie vor bestehenden Einschränkungen in der gesundheitlichen Versorgung, die mindestens für die ersten vier Jahre ihres Aufenthalts gelten: Die Behandlungskosten werden allein über das Sozialamt finanziert, eine Mitgliedschaft in einer Krankenkasse ist zunächst nicht vorgesehen – zumindest solange der Flüchtling nicht arbeitet.

In der Regel werden nur die Kosten für die Behandlung akuter Erkrankungen und Schmerzzustände übernommen (§ 4 AsylblG). Die Kosten für Behandlungen von Erkrankungen, die bereits chronifiziert sind, oder die nach Meinung der Behörden "aufschiebbar" sind, müssen gesondert nach § 6 AsylblG beantragt werden. Das ist ein langwieriger Prozess: Einem Antrag auf Kostenübernahme beim Sozialamt, abgesichert durch ärztliche Atteste und Gutachten folgt die Einschaltung des zuständigen Gesundheitsamtes zur Beurteilung der "Notwendigkeit". Auf Grund der langen Kommunikationswege zwischen den Behörden dauert es Wochen, manchmal Monate, bis entsprechende Behandlungen eingeleitet werden können, wenn die Notwendigkeit tatsächlich bestätigt wurde. Einige Arztpraxen und therapeutische Praxen schrecken vor dem zusätzlichen Verwaltungsaufwand zurück oder kennen die Wege nicht, so dass Flüchtlinge in ihrer durchaus schwierigen gesundheitlichen Verfassung schon mal allein gelassen werden. Besonders schwierig sind die Versorgung mit Sehhilfen, Zahnersatz und die Behandlung psychosomatischer Erkrankungen.

Zwar sieht das AsylblG für besonders Bedürftige wie Folter- und Gewaltopfer oder unbegleitet minderjährig eingereiste Flüchtlinge (d.h. Jugendliche, die ohne Schutz ihrer Familie einreisen) inzwischen den Zugang zu erforderlicher medizinischer und sonstiger Hilfe vor, aber der hohe Verwaltungsaufwand bis zur Behandlung bleibt.

Auch Flüchtlinge in unsicheren Situationen haben ein Recht auf Prophylaxe und Vorsorgeuntersuchungen sowie Impfungen. Gelegentlich ist aber die freie Arztwahl hierbei eingeschränkt, das Sozialamt kann bestimmen, wer diese Untersuchungen vornimmt.

   

  

Schwierigkeit – unsicherer Aufenthaltstitel

Sozialleistungen für Flüchtlinge mit noch unsicheren Aufenthaltstiteln sind auch für weitere Leistungen eingeschränkt: Leistungen der Behindertenhilfe, Betreutes Wohnen, Schulbegleiter etc. werden nur mit umfassender Argumentation und größter Überzeugungskraft bewilligt. Im Prinzip ist in vielen Fällen eine Kostenübernahme möglich, oft scheuen aber die Anbieter den zusätzlichen Aufwand der Beantragung über das Sozialamt und die damit verbundene Unsicherheit der Kostenübernahme.

   

 

Wichtig zu wissen:

Flüchtlinge mit einer Aufenthaltsgestattung oder Duldung, teilweise auch mit einer Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen haben einen eingeschränkten Zugang zu Sozialleistungen und medizinischer Versorgung. Gerade die "Sachleistungen" führen in der Folge u.a. auch zu großen Schwierigkeiten, Übersetzungs- oder Anwaltskosten zu finanzieren. Zudem kann ein Teil der Erkrankungen – noch –  nicht behandelt werden. Das trägt zur weiteren Chronifizierung oder auch zur Verstärkung von Erkrankungen bei. 

 

Der "Zugang" zum Arbeitsmarkt

Arbeitsverbot

Flüchtlinge, die neu in das Bundesgebiet eingereist und noch nicht im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis sind, haben zunächst grundsätzlich ein Arbeitsverbot. Wie lange dieses Arbeitsverbot gilt, hängt davon ab, welches Aufenthaltsdokument die Person besitzt (Aufenthaltsgestattung oder Duldung), nach welchem Paragraph die Duldung ausgestellt wurde und wie die Bundesregierung über die generell vorgesehenen Fristen entscheidet. 

  

 

Nachrangiger Arbeitsmarktzugang

Nach der Frist besteht für Asylsuchende und Geduldete für mehrere Jahre ein so genannter nachrangiger Arbeitsmarktzugang. Dies bedeutet, dass für eine konkrete Tätigkeit bei einem bestimmten Arbeitgeber – vor Abschluss eines Arbeitsvertrags – eine Beschäftigungserlaubnis bei der zuständigen Ausländerbehörde beantragt werden muss. Die Ausländerbehörde prüft dann in Zusammenarbeit mit der Bundesagentur für Arbeit, ob die Beschäftigungserlaubnis im konkreten Einzelfall erteilt wird.

In der Regel wird die Erteilung abgelehnt, wenn die Bundesagentur für Arbeit zum Ergebnis kommt, dass die Arbeitsbedingungen nicht hinreichend sind (z.B. zu geringe Entlohnung im Vergleich zum allgemein üblichen Lohnniveau für vergleichbare Tätigkeiten) und/oder für die konkrete Tätigkeit genügend so genannte ‚bevorrechtigte‘ Personen zur Verfügung stehen (Vorrangprüfung), also Deutsche, EU-BürgerInnen oder andere Personen mit einem besseren Aufenthaltsstatus.

Aus diesem Grund ist es sehr schwierig, mit einem nachrangigen Arbeitsmarktzugang eine Beschäftigungserlaubnis für eine Helfertätigkeit zu erhalten. Eine qualifizierte Tätigkeit kommt für die meisten Flüchtlinge nicht in Betracht, da sie keine entsprechende Berufsausbildung nachweisen können, sei es, weil es im Heimatland kein vergleichbares Ausbildungssystem gibt oder weil sie aufgrund der Fluchtsituation nicht mehr im Besitz ihrer Zeugnisse sind.

   

 

Beschäftigungserlaubnis

Chancen auf die Erteilung der Beschäftigungserlaubnis bestehen deshalb vor allem dann, wenn der potenzielle Arbeitgeber genau begründen kann, wieso für die konkrete Arbeitsstelle genau diese Person am besten geeignet erscheint. Ein typisches Beispiel: Die Stelle eines Spezialitätenkochs in einem Restaurant mit landesspezifischer (z.B. äthiopischer) Küche, für die ein/e Mitarbeiter/in gesucht wird, der/die mit der Zubereitung landestypischer Hausmannskost vertraut ist und die entsprechende Landessprache beherrscht. Grundsätzlich muss auch für das Absolvieren eines Praktikums im Rahmen einer beruflichen Ausbildung oder einer Trainingsmaßnahme eine "Beschäftigungserlaubnis" beantragt werden.

  

 

Ausnahmeregelung

Es gibt wenige Ausnahmen von der Vorrangprüfung: Bei Ausübung einer anerkannten Berufsausbildung, Vorliegen einer Traumatisierung oder im Falle der Beschäftigung von nahen Familienangehörigen kann hiervon abgesehen werden. Um zu klären, ob im Einzelfall eine Ausnahmeregelung greift, ist der Kontakt zu einer kompetenten Beratungsstelle sinnvoll.

  

 

Allgemeine Beschäftigungserlaubnis nach 4 Jahren

Nach der für 2014 noch gültigen Regelung haben Flüchtlinge, die sich noch im Asylverfahren befinden bzw. geduldet sind, nach vier Jahren ununterbrochenem Aufenthalt in der Bundesrepublik Anspruch auf eine allgemeine Beschäftigungserlaubnis mit einer Ausnahme: Die Ausländerbehörde kann Geduldeten unter bestimmten Voraussetzungen weiterhin ein ausländerrechtliches Beschäftigungsverbot erteilen. In diesem Fall empfehlen wir, eine Flüchtlingsberatungsstelle zu kontaktieren. Die allgemeine Beschäftigungserlaubnis muss ebenfalls bei der Ausländerbehörde beantragt werden. Hierzu muss allerdings kein konkretes Stellenangebot vorliegen. Die allgemeine Beschäftigungserlaubnis wird z.B. mit der Formulierung „Beschäftigung erlaubt.“ in der Aufenthaltsgestattung oder der Duldung eingetragen. Von nun an kann jede Beschäftigung aufgenommen werden, ohne dass vorab die Genehmigung der Ausländerbehörde eingeholt werden muss. Aber: Die Beschäftigungserlaubnis schließt keine selbstständigen Tätigkeiten ein, sondern umfasst nur abhängige Beschäftigungsverhältnisse.

Sobald Flüchtlinge eine Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen erhalten, erhalten sie auch eine allgemeine Beschäftigungserlaubnis. In bestimmten Fällen wird gleichzeitig auch die selbständige Erwerbstätigkeit erlaubt. Dies hängt vom konkreten Aufenthaltstitel ab. Die meisten Flüchtlinge erhalten die allgemeine Beschäftigungserlaubnis (für abhängige Beschäftigungsverhältnisse). Falls sie sich selbständig machen wollen, müssen sie hierfür die Genehmigung bei der Ausländerbehörde im konkreten Fall beantragen.

  

 

Unterstützung durch die Agentur für Arbeit

Flüchtlinge haben das Recht auf Unterstützung durch die Agentur für Arbeit insbesondere auf Beratung und Vermittlung, sobald kein Arbeitsverbot (bzw. Beschäftigungsverbot) mehr vorliegt. Wir empfehlen deshalb die Arbeitslos- bzw. Arbeitssuchend-Meldung bei der Agentur für Arbeit auch schon beim nachrangigen Arbeitsmarktzugang.

   

 

Wichtig zu wissen:

Meistens lässt sich an der Formulierung im Passersatzpapier erkennen, ob eine Arbeitsmöglichkeit gegeben ist. Wenn ja, und wenn der Flüchtling entsprechend motiviert ist, ist ehrenamtliche Hilfe gefragt. (Zum Beispiel beim Erstellen von Bewerbungsunterlagen, der Vorbereitung auf Vorstellungsgespräche, Begleitung zu Behörden, Unterstützung beim Ausfüllen von Formularen etc. 

Der "Zugang" zum Wohnungsmarkt

Erst wenn Asylbewerber/-innen nicht mehr in der Erstaufnahmeeinrichtung untergebracht sind und sie eine Aufenthaltserlaubnis besitzen, kann eine Unterbringung in Wohngemeinschaften oder Gästezimmern erfolgen. Jedoch nur, wenn Vermieter/-innen und die Behörde, welche für die Unterbringung des Flüchtlings zuständig ist, zugestimmt haben. Außerdem ist zu beachten, dass Flüchtlinge nicht haftpflichtversichert sind.

Gemeinschaftsunterkünfte bieten aufgrund der beengten Wohn- und Lebenssituation wenig Privatsphäre. Menschen, welche nicht dieselben Sprachen sprechen, unterschiedliche Kulturen, Religionen, Werte und soziale Hintergründe haben, müssen auf engsten Raum zusammenleben. Das bietet auch Konfliktpotential, welches zu gewaltsamen Auseinandersetzungen führen kann.

 

 

Erfahrungsbericht: Ein Asylbewerberhelfer erzählt von Erfahrungen und Misserfolgen

Werner Schnabel, ein umtriebiger Aufbauhelfer in Sachsen nach der Wende, heute pensioniert in Bayern hat sich aufgemacht zu helfen und seine Aufgabe gefunden. Die Vermittlung von Arbeitsplätzen durch die Initiative „Arbeitsmöglichkeiten für Flüchtlinge in Hochfranken“. In seinem Bericht beschreibt er den langen Weg durch die Instanzen, benennt Hindernisse durch zu weite Fahrwege, Sprachbarrieren oder verwaltungstechnische Versäumnisse. Er nimmt den Leser mit durch Höhen und Tiefen und man teilt seine Erfolge, versteht die Misserfolge und was es heißt sich und andere immer wieder neu zu motivieren. Dabei nimmt er kein Blatt vor den Mund und benennt die Probleme, die man hätte lösen müssen und können.

Wir danken Werner Schnabel für seine offenen Worte und präsentieren sie hier, um anderen Mut zu machen. Denn Integrationsarbeit ist Schwerstarbeit aber jeder Erfolg ein kleiner Meilenstein.

Werner Schnabel:
Gründungskanzler und Kanzler der Fachhochschule der Sächsischen Verwaltung Meißen,
seit 11/2008 im Ruhestand;
ehemals Vorstandsvorsitzender des Soziokulturellen Zentrums „Hafenstraße“ e. V. in Meißen,
lebt heute in Regnitzlosau in Bayern

 

 

 

Hip Hop Workshop B-Hof

Quellen:
Ratgeber für das Ehrenamt. Flüchtlinge in Köln. Caritas 2014/ Shah, Hanne: Flüchtlingskinder und jugendliche Flüchtlinge.
In Schulen, Kindergärten und Freizeiteinrichtungen, 2015

   

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